Meldung vom 15.04.2006 

Altes Handwerk neu entdeckt

Arbeiten wie die Bootsbauer: Bootsbauerkurs in der Jugendherberge Flensburg

Zwei Züge, dann die Späne wegpusten, mit der Hand über die Holzfläche streichen, peilen und dann wieder zwei Züge hobeln - Helge Kolaschnik arbeitet gewissenhaft und akkurat. "Ach, Papa, so wird das nie glatt, nimm mal meine Feile", mischt sich sein Sohn Calvin ein. Sein Paddel ist schon fast bereit für den allerletzten Schliff. "Das hab ich ganz allein gemacht", verkündet der Dreizehnjährige stolz. "Naja, beinahe. Aber beim nächsten brauche ich keine Hilfe mehr." Noch ein Paddel? "Klar, es ist immer gut, Ersatz dabei zu haben, wenn wir mit dem Kanu unterwegs sind. Außerdem macht es Spaß. Und dann bastele ich noch ein Boot für meine Schwester, die nicht mitkommen konnte, weil sie noch zu klein ist." Sein Bruder Maxim ist schon alt genug fürs Werkeln. Er raspelt an seinem Holz, was das Zeug hält. "Nimmst Du nicht grad ein bisschen viel von der Schräge weg", fragt sein Vater vorsichtig. "Ja, aber es wird einfach nicht gerade..."

Die Kolaschniks haben sich für den Kurs "Arbeiten wie die Bootsbauer" der Jugendherberge Flensburg entschieden, um "mal einen anderen Urlaub zu verbringen", erklärt der Vater - und schmunzelt. "So unter Männern." Das dreitägige Programm, das die Jugendherberge zusammen mit der Museumswerft für Väter mit Söhnen von sechs bis 14 Jahren anbietet, ist genau das Richtige für sie. "Die Jungs bauen ein Teil der Ausrüstung für unser Boot selbst und lernen eine neue, sinnvolle Arbeit kennen. Eine für die man Kopf und Hand braucht."

Das hätte Uwe Kutzner gern gehört. Der Mann, den auf der Werft alle "Kuddel" nennen, leitet die Kurse seit einigen Jahren. "Dieses alte Handwerk gerät in Vergessenheit", stellt er fest. "Viele, die zu uns kommen, haben gar keine Erfahrung in der Arbeit mit Holz. Aber sie wollen etwas lernen." Auch im Großen pflegen Kutzner und seine Kollegen die Kunst der Bootsbauer: Zurzeit wird in der Halle am Flensburger Museumshafen eine "Dansk Jagt" nach historischen Plänen gebaut - ein Frachtschiff, wie es früher auf der Förde unterwegs war. Auch kleinere Jollen und Prahme, die typisch für die Region sind, entstanden hier schon. "Schülergruppen bauen ihre eigenen Boote oder helfen uns bei der ,Dansk Jagt'", erzählt Kutzner. Seine Gäste bekommen außerdem bei der Werftführung oder auf der Hafenrundfahrt einen Einblick in das maritime Handwerk. Für Kinder liegen immer Rohlinge bereit, die sich mit ein, zwei Holzstäbchen, etwas Garn und einem Stückchen Stoff schnell zum Spielzeugboot aufriggen lassen.

Der Jugendherberge Flensburg gefiel das Angebot der Werft. "Wir wollten, dass unsere Gäste etwas erleben, was man nur in Flensburg erleben kann", sagt Herbergsmutter Birgit Knoll. Außerdem bietet die Jugendherberge Tauch- und Surfkurse, sowie im nächsten Jahr erstmals ein Fotoseminar für Frauen an. "Der Bootsbauerkurs läuft bei diesen Angeboten für Familien eigentlich am besten. Wir gehen jetzt in die dritte Saison."

Warum es ein Kurs für Väter und Söhne geworden ist? "Auf keinen Fall, weil wir glauben, dass Frauen nicht in die Werkstatt gehören", stellt Kutzner klar. "Aber Väter unternehmen sonst so wenig mit ihren Kindern. Natürlich dürfen auch Mütter und Töchter teilnehmen. Es geht uns einfach darum, dass Eltern und Kinder Zeit miteinander verbringen. Die lernen sich hier ganz neu kennen."

Christian Fahl und sein siebenjähriger Bruder Richard versuchen zum Beispiel gerade, sich zu einigen, wie man die Flagge an Richards Piratenschiff richtig befestigt. "Ja, da, pass auf, nicht so, halt fest, gib mal..." Richard kann es kaum aushalten, dass er den heißen Schmelzkleber jetzt nicht anfassen darf. Er dreht sich um sich selbst, stampft mit dem Fuß auf den Boden. Christian richtet sich auf, holt tief Luft. Dann beugen sie sich wieder über das Schiff, um mit angehaltenem Atem - endlich sitzt der Wimpel. "Zuhause hab ich hin und wieder versucht, ihm beim Basteln zu helfen", erzählt Christian. "Jetzt will ich mehr mit ihm bauen. Dieser Kurs soll ein Anfang sein."

Dieter und Junior Hönscher arbeiten jeder für sich - der eine an einem hölzernen Flaschenkasten, der andere an einem Paddel. "Wir machen schon zum zweiten Mal mit und sind extra aus Bottrop hergekommen, weil uns Flensburg und die Werft so gut gefallen", erzählt Dieter Hönscher. Für ihn ist der Kurs "das Highlight" eines längeren Urlaubs in der Förderegion. "Die Stadt am Wasser ist einfach herrlich. Aber wir genießen es auch, in der Umgebung unterwegs zu sein."

Arbeiten wie die Bootsbauer:
Termine: 20.4.-23.4.2006, 25.5.-28.5.2006, 3.8.-6.8.2006, 30.9.-3.10.2006
Leistungen: Übernachtung mit Vollpension, Programm- und Materialkosten, Hafenrundfahrt
Preis: Erwachsene 175 Euro, Kinder 145 Euro.

Info: Jugendherberge Flensburg, Fichtestraße 16, 24943 Flensburg, Tel.
0461/37742, Fax 0461/312952,
www.jugendherberge.de/jh/flensburg
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